Auto- und Motorradfahrern drohen jetzt tödliche Unfälle mit Mähdreschern

Wenn Landwirte mit ihren Mähdreschern unterwegs sind, drohen schwerste und tödliche Kollisionen mit Autofahrern und Motorradfahrern. Im schlimmsten Fall spießen die Mähdrescher den Biker auf. Den Autofahrer retten weder Airbags, noch ausgefeilte IT, noch Sicherheitsgurte.

Alle Jahre wieder ist es wichtig zu Beginn der Erntezeit diese Warnung zu wiederholen: Autofahrer und Motorradfahrer müssen jetzt besonders vorsichtig sein. Denn auf den Straßen sind wieder landwirtschaftiiche Nutzfahrzeuge unterwegs. Dadurch können lebensgefährliche Situationen entstehen!

Die Erntezeit überfordert Assistenzsysteme und moderne Autos

Die Erntezeit stellt eine besondere Herausfoderung für Verkehrsteilnehmer dar. Denn dann kreuzt besonders oft landwirtschaftliches Großgerät die Wege von Autofahrern und Motorradfahrern. Auto- und Motorradfahrer sollten jetzt und in den kommenden Wochen also besonders gut aufpassen, wenn Landwirte mit Mähdreschern und anderem Großgeräte auf den Straßen unterwegs sind. Wie real diese Gefahr auch außerhalb der Erntezeit ist, beweist zum Beispiel dieser Unfall in Bayern. Dort war im Februar 2020 ein Traktor mit einem Pkw kollidiert. Ein Zinken von der Traktor-Mistgabel bohrte sich in die hintere Tür und in die linke hintere Seitenscheibe des Fahrzeugs. Zum Glück blieben die drei Insassen - eine Mutter und ihre zwei Babys - weitgehend unverletzt.

Die Dekra hatte bereits 2014 drei spezielle Crashtests durchgeführt, die zeigen sollen, welche fatale Folgen ein Zusammenstoß zwischen einem Mähdrescher – mit und ohne Mähwerk – und einem PKW beziehungsweise Motorrad hat. Die Ergebnisse lassen einen schaudern - sie beweisen, dass selbst modernste Hightech-Sicherheits- und Assistenzsysteme keine tödlichen Unfälle verhindern können. Auch wenn dieser Test nun schon einige Jahre zurückliegt, ändert das nichts an der besonderen Gefährlichkeit von Zusammenstößen mit landwirtschaftlichem Gerät. Denn selbst modernste Autos mit verstärkter Fahrgastzelle, genau berechneten Knautschzonen und diversen aktiven Schutzsystemen sind den riesigen und schweren Traktoren und Mähdreschern mit deren weit hervorragenden Anbauteilen hoffnungslos unterlegen.

Crashtest Nummer 1: Motorradfahrer gegen Mähdrescher ohne Mähwerk

Ein Motorradfahrer prallt mit Tempo 60 seitlich gegen den Reifen des Mähdreschers. „Wäre das ein realer Unfall gewesen, hätte der Motorradfahrer schwerste, wenn nicht tödliche Verletzungen erlitten“, so Jörg Ahlgrimm, Leiter der Unfallanalyse bei der Dekra.

Crashtest Nummer 2: VW Golf gegen Mähdrescher

Dasselbe gilt für den frontalen Aufprall eines Autos (im Testszenario ein alter VW Golf) mit 67 Stundenkilometern im zweiten Crashtest bei abgebautem Mähwerk. „Hier unterfährt der Pkw die feste Struktur der Erntemaschine, steife Bauteile dringen im Oberkörper- und Kopfbereich der Insassen in den Fahrgastraum ein. In einem solchen Fall bringen alle passiven Sicherheitseinrichtungen bis hin zu Airbag und Sicherheitsgurt praktisch nichts mehr“, wie der Dekra-Experte erklärt. Auch bei einem modernen PKW mit höherer Crashsicherheit wäre das Überlebenspotenzial für die Insassen minimal.

Crashtest Nummer 3: Mähwerk spießt Motorradfahrer auf

Das absolute Worst-Case-Szenario stellt der dritte Crashtest dar. Dabei kollidiert ein Motorradfahrer mit eigentlich moderaten 65 km/h im Gegenverkehr mit einem Mähdrescher, der – entgegen der Vorschrift – mit angebautem Mähwerk auf der Straße unterwegs ist. „In diesem Crash wurde der Dummy auf dem Motorrad buchstäblich vom Mähwerk aufgespießt“, schildert Jörg Ahlgrimm die Szene. „Ein Mensch hätte hier mit Sicherheit keine Überlebenschance.“ Deshalb ist die Erntezeit gefährlich

Gefahren im Zusammenhang mit Mähdreschern und anderen Erntemaschinen entstehen aus mehreren Gründen. Zum einen sind sie – schon ohne Mähwerk – sehr breit und zugleich oft auf relativ schmalen Landstraßen unterwegs. Erntemaschinen sind außerdem langsam und oft nicht gut erkennbar. Gerade in der heißen Phase der Ernte sind sie auch in der Dämmerung oder bei Dunkelheit im Einsatz. Auch das kann zu gefährlichen Situationen führen. Eine Lösung der Probleme auf Seiten der Konstruktion von Mähdreschern und ähnlichen Geräten gibt es aus Sicht des Experten praktisch nicht. Sicherheitseinrichtungen wie etwa ein Unterfahrschutz lassen sich an Mähdreschern und ähnlichen Geräten nicht anbringen, ohne den eigentlichen Zweck, den Arbeitseinsatz auf dem Feld, zu beeinträchtigen. „Im Grunde sind das eben keine Fahrzeuge, sondern Arbeitsmaschinen. Sie sind konstruiert für den landwirtschaftlichen Arbeitseinsatz und nicht regelmäßig auf Straßen unterwegs. Eine Struktur zum Schutz von anderen Verkehrsteilnehmern müsste ständig an- und wieder abgebaut werden.“

Nur besondere Vorsicht schützt Die Dekra-Experten rufen während der Erntesaison alle Verkehrsteilnehmer dazu auf, speziell in ländlichen Gebieten besonders vorsichtig zu fahren. „Wichtig ist, dass Sie in diesen Wochen jederzeit mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen rechnen, die langsam auf Landstraßen unterwegs sind, die einbiegen oder queren“, so Ahlgrimm. „Das gilt nicht nur für Mähdrescher, sondern natürlich auch für Ackerschlepper mit Anhängern, die das Getreide transportieren.“ An die Betreiber der Erntemaschinen appelliert der Unfallexperte, immer die entsprechenden Sicherheitsvorschriften zu beachten, auch wenn es sich nur um kürzeste Fahrstrecken auf Straßen handelt. „Spätestens ab einer Breite von 3,50 Metern müssen Schwertransporte in ganz Deutschland mit einem Begleitfahrzeug unterwegs sein. Diese Vorgabe gilt auch für Mähdrescher und andere Erntemaschinen“, so Ahlgrimm. „Zwischen 3,00 und 3,50 Metern sind in vielen Bundesländern spezielle Genehmigungen notwendig.“ Mit angebautem Mähwerk auf der Straße unterwegs zu sein, hält der DEKRA Experte für absolut tabu. „Unser Crashtest mit dem Motorradfahrer hat deutlich gezeigt, wie lebensgefährlich ein solches Verhalten ist.“

So verändern Elektro-Autos und autonomes Fahren unser Leben

Seit den 1970er Jahren sank die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten fast kontinuierlich. So starben Anfang der 1970er Jahre über 20.000 Menschen pro Jahr auf Deutschlands Straßen. Im Jahr 2012 waren es noch 3606 Tote und 2013 forderte der Straßenverkehr sogar „nur“ noch 3300 Menschenleben. 2015 stieg die Zahl der Verkehrstoten dann auf 3459 Menschen. Experten machen dafür die zunehmend Ablenkung durch Smartphones verantwortlich.

2016 waren es 3206 Verkehrstote und 2017 starben laut ADAC etwa 3215 Menschen bei Verkehrsunfällen. Wobei die Erfolge im Kampf gegen den Tod im Straßenverkehr weltweit nicht gleich verteilt sind: So sind Autofahrer in Deutschland deutlich weniger vom Tod bedroht als beispielsweise Autofahrer in Lateinamerika. Doch zuletzt stiegen die Zahlen wieder: 2018 starben im Verkehr aber wieder mehr Menschen als im Vorjahr. Vor allem kamen mehr Radfahrer ums Leben, insgesamt starben 3275 im Jahr 2018 im Straßenverkehr.

Im Jahr 2019 gab es dann so wenig Verkehrstote wie nie zuvor - allerdings machen die Fahrradfahrer hier eine bedauerliche Ausnahme. Vermutlich sind die e-Bikes schuld am gegenläufigen Trend bei der Fahrradfahrern. Auch 2020 und 2021 sank die Zahl der Verkehrstoten weiter: Weniger Verkehrstote als je zuvor - mit einer Ausnahme .

Warum sterben heute weniger Menschen im Straßenverkehr als in den 1970ern?

Nein, Deutschlands Autofahrer fahren nicht etwa besser oder rücksichtsvoller. Das merkt jeder, der im Straßenverkehr unterwegs ist. Sondern die Autos selbst sind schlicht sicherer geworden. Zunächst verbesserten die Automobilhersteller die passive Sicherheit ihrer Fahrzeuge deutlich, in den letzten Jahren steht nun die Verbesserung der aktiven Sicherheit im Mittelpunkt. Also Sicherheits-Assistenzsysteme wie ABS, ESP, Notbremsassistenten und Spurverlassenswarner – moderne Elektronik und Computertechnik rettet Menschenleben, indem sie Unfälle von vornherein verhindert und so die notorischen Fahrfehler der Menschen ausgleicht. Radar, Lidar, Kamera - die Augen der neuen Sicherheits-Assistenten helfen Unfälle zu vermeiden. Zusätzliche Fahrerassistenzsysteme machen das Autofahren sicherer. Wobei immer noch der gute alte Gurt der Lebensretter Nummer 1 ist. Trotz der vielen IT im Auto.

Übrigens: Die tödlichsten Straßen sind die Land- und Bundesstraßen.

Einen Nachteil hat die viele IT und Sensorik in modernen Autos aber – sie macht die Fahrzeuge schwerer. Was wiederum den Kraftstoffverbrauch in die Höhe treibt. Viele Autofahrer sind von den Vorteilen moderner Assistenzsysteme längst überzeugt und bestellen diese bei einem Neuwagenkauf mit.

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