Vorwurf: Zehntausende O2-Kunden beim Datenschutz getäuscht

O2-Partner sollen O2-Kunden die Einwilligung für Werbeanrufe und Werbemails untergejubelt haben. O2 dementiert.

Laut dem Bericht von Netzpolitik hätten einige Mitarbeiter in O2-Partnershops viele Kunden gar nicht erst danach gefragt, ob diese Ihre Zustimmung für Werbemaßnahmen wie Telefonanrufe oder Mailings oder SMS und zur Erstellung von Nutzungsprofilen geben (von O2 als „Kundeneinwilligungen“ oder „Permissions“ bezeichnet), sondern diese Einwilligungen automatisch in der Datenschutzerklärung eingetragen, sprich: Verkäufer in den O2-Partnershops setzte einfach die entsprechenden Häkchen und legten dem Kunden dann das Signpad zur Unterschrift kommentarlos vor. Die betroffenen Kunden erhielten also keine Belehrung über die Einwilligungen, die sie geben sollten.

Netzpolitik.org beruft sich bei seinem Bericht auf Informationen von O2-Kunden und auf Mitteilungen von O2-Partnern. Letztere hätten zugegeben, dass sie ihren Kunden „Pseudo-Einwilligungen“ untergejubelt hätten. Sie würden sich zudem von O2 "zu unlauterem Verhalten gedrängt fühlen".

Den Grund für diese gesetzeswidrige Vorgehensweise liefert Netzpolitik.org auch mit: O2 würde die O2-Shopbetreiber mehr oder weniger dazu drängen , möglichst viele derartige Einwilligungen zur Datenverarbeitung von den Kunden einzuholen. Nur für eine möglichst hohe Quote zahle O2 einen Bonus.

Das Problem betrifft „nur“ die als eigenständige Unternehmen geführten O2-Partnershops. Das sind rund 600 in Deutschland, dazu kommen noch 300 O2-Shops, die direkt O2 gehören. Kunden, die einen solchen Partnershop betreten, können den Unterschied zu einem direkt von O2 geführten Shop nicht erkennen.

Die Partnershops agieren auf Provisionsbasis. Netzpolitik.org schreibt unter Berufung auf einen O2-Partnershopbetreiber: „Bei 75 Prozent aller Vertragsabschlüsse sollen die Verkäufer:innen in den Shops mindestens neun verschiedene Datenschutz-Einwilligungen einholen, andernfalls zahlt O2 den sogenannten Qualitätsbonus nicht aus.“ Und weiter: „Weil diese Einnahmen für ihre Betriebe enorm wichtig seien, bleibe ihnen kaum etwas anderes übrig, als die Einwilligungen um jeden Preis einzuholen“.

Andere Partnershopbetreiber sollen diese Darstellung gegenüber Netzpolitik.org bestätigt haben. Der von Netzpolitik.org befragte Shopbetreiber betont, dass man die 75-Prozent-Zustimmungsquote nie erreichen könne, wenn man die Kunden explizit danach frage: „Wer würde denn bitte freiwillig neun unterschiedliche Einwilligungen erteilen, wenn er die Wahl hat?“. Netzpolitik.org vermutet mehrere Zehntausend DSGVO-Verstöße in diesem Jahr aufgrund dieser Praxis.

Netzpolitik ging mit zehn Kunden deren Datenverarbeitungseinwilligungen stichprobenartig durch. Dabei sollen die meisten Kunden tatsächlich weitreichende Einstellungen vorgefunden haben, die sie so nicht gemacht haben. Zudem gehe laut Netzpolitik.org aus diesen Stichproben hervor, dass auch bei Verträgen, die bei der Telefon-Hotline abgeschlossen wurden, vielfach die Datenschutzeinstellungen nicht korrekt waren. Ob O2 auch für telefonisch abgeschlossene Verträge eine derartige „Permission-Quote vorgibt, wollte das Unternehmen auf Anfrage“ gegenüber Netzpolitik.org nicht sagen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte prüft derzeit die von Netzpolitik.org gemachten Vorwürfe. Das hat O2 gegenüber der PC-WELT bestätigt.

Telefonica Deutschland / O2 dementiert gegenüber PC-WELT die Darstellung von netzpolitik.org und sagt, dass derzeit keine derartigen Beschwerden von Kunden vorliegen würden. Die auf die Datenschutzeinwilligung bezogenen Boni für die Shopbetreiber würden nur einen kleinen Teil der monatlichen Zahlungen an die Partnershops ausmachen.

O2-Kunden können jederzeit in ihrem Kunden-Onlineportal unter „Meine Daten, Einstellungen“ überprüfen, welche Einwilligungen sie O2 erteilt haben. Dort können O2-Kunden die Einstellungen auch sofort ändern.

Die Stellungnahme von O2 im vollen Wortlaut:

"In beiden von Ihnen genannten Artikeln (Hinweis der Red.: Spiegel.de hat über den Netzpolitik.org-Artikel ebenfalls berichtet) werden Behauptungen aufgestellt bzw. wiederholt, die wir klar zurückweisen. Telefónica Deutschland hält sich stets an alle gesetzlichen und datenschutzrechtlichen Vorgaben. Dazu zählt insbesondere die Einhaltung der DS-GVO. Unsere Vertriebspartner sind per Gesetz ebenfalls dazu verpflichtet. In unseren Betreiberinformationen, Prozessdokumentationen sowie Arbeitsanweisungen weisen wir unsere Vertriebspartner stets auf diese datenschutzrechtlichen Vorgaben hin. Deren Einhaltung überprüfen wir regelmäßig, unter anderem im Rahmen von Qualitätsaudits. Etwaige Verstöße werden konsequent geahndet. Darüber hinaus erwarten wir von unseren Partnern, dass sie das informationelle Selbstbestimmungsrecht unserer Kunden jederzeit respektieren und einhalten. Außerdem werden die Kunden zusätzlich nach Vertragsabschluss noch einmal per Mail oder Brief darüber informiert, ob und welche Einwilligungen sie erteilt haben. Die Kunden können diese Einwilligung gegenüber Telefónica Deutschland jederzeit über ihren Online-Kundenzugang, die Kunden-App oder in sonstiger Weise ändern oder rückgängig zu machen. Von freiwillig erteilten Einwilligungen in die Verarbeitung ihrer Daten profitieren sowohl die Kunden wie auch die Partner und Telefónica Deutschland. Auf dieser Grundlage können Unternehmen mit den Kunden datenschutzkonform in Kontakt treten, um ihnen z. B. individuell passende Angebote, Newsletter oder Informationen zu neuen Produkten zu schicken. Es ist in der Telekommunikationsbranche allgemein üblich, mit Vertriebspartnern Qualitätsziele bei der Vermittlung der Produkte zu vereinbaren. Die freiwillige Einwilligung der Kunden in die Verarbeitung ihrer Daten ist dabei aber lediglich eines von mehreren Zielen für die Vertriebspartner und macht bei der Ermittlung der monatlichen Zahlungen an den jeweiligen Vertriebspartner nur einen sehr geringen Teil aus. Wir drängen hier die Vertriebspartner zu nichts, sondern setzen lediglich einen Anreiz, dieser Information der Kunden über die freiwillige Einwilligung in ihre Daten inklusive der Darstellung der genannten Vorteile ausreichend Platz im Verkaufsgespräch einzuräumen. Beschwerden von Kunden über unzulässiges Verhalten der Vertriebspartner hinsichtlich der Einwilligung in die Datenverarbeitung geht das Unternehmen in jedem umgehend Fall nach. Vermehrte Beschwerden unserer Kunden liegen uns aktuell nicht vor. Sollten wir hier Verstöße unserer Ladenbetreiber feststellen, werden wir diese prüfen und ahnden und eng abgestimmt mit den zuständigen Behörden wie dem BfDI nachverfolgen. Telefónica Deutschland / o2 liegt kein entsprechendes Prüfanliegen des BfDI vor."

Zitat Ende

Leave a Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *